Analyse – Energieausweis oft fehlerhaft

17. Februar 2016

 

Der Energieeffizienzwert in Energieausweisen ist oftmals nicht korrekt ermittelt. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Eigentümerverbands Haus & Grund. Die Analyse wurde anhand von 20 Untersuchungen erstellt, darunter elf für ein Doppelhaus und neun für ein Mehrfamilienhaus. Das Ergebnis der Auswertungen wich um bis zu 46 Prozent ab. Bei der Auswahl der Energieberater nutzte der Verband die „Expertenliste für Förderprogramme des Bundes“, die von der Deutschen Energie-Agentur (Dena) überwacht wird. Auch ein führender Online-Anbieter und ein vom Eigentümer selbst bestimmter Berater wurden in die Untersuchung einbezogen. Zwölf Energieausweise wurden nach Bedarf, acht nach Verbrauch erstellt. Eigentümer können jeweils wählen, ob sie den Energieausweis anhand des Verbrauchs oder des ermittelten Bedarfs erstellen lassen.

Hintergrund der Studie: Wer ein Gebäude vermieten, verpachten oder verleasen will, muss seit Mai 2014 einen Energieausweis vorlegen. Der darin aufgeführte Energiekennwert muss nach den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) in Immobilienanzeigen genannt werden. Andernfalls droht ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro.

 

Analysen wenig aussagekräftig

Für die Untersuchung wurde ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen aus dem Jahr 1969 herangezogen. Die oberste Geschossdecke sowie die Giebelseiten wurden nachträglich gedämmt, die Fenster wurden mit Zwei-Scheiben-Isolierglas ausgetauscht. Es verfügte zunächst über einen Ölheizkessel (seit 1990), während des Praxistests wurde die Heizanlage Ende 2014 mit einem Gasbrennwertkessel erneuert. Die Ergebnisse für den Energiebedarf vor der Heizungserneuerung variieren je nach Auswertung zwischen 104 und 183 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr, das entspricht einer Einschätzung der Gebäude von „energetisch gut saniert“ bis zu „energetisch nicht wesentlich saniert“. Nach Einbau des Gasbrennwertkessels weichen die Ergebnisse mit einer Spannbreite von 110 bis 138 Kilowattstunden etwas weniger voneinander ab.

Das untersuchte Doppelhaus wurde 1984 gebaut, beide Hälften verfügen über je 140 Quadratmeter Wohnfläche. Öl- und Gaskessel stammen aus dem Jahr 1984. Keller, Dachgeschoss und Wintergarten werden jeweils beheizt. Für dieses ebenfalls repräsentativ ausgewählte Haus ermittelte Haus & Grund eine Spannbreite von 131 bis 243 Kilowattstunden für die Westhälfte und 131 bis 210 Kilowattstunden für die Ostseite.

 

Verband kritisiert Erfassungsverfahren

Der Verband weist darauf hin, dass die Angaben aus dem Energieausweis nur wenig Aussagekraft dazu haben, wie hoch der tatsächliche Energieverbrauch sein wird. Dieser hänge unter anderem davon ab, wie viele Personen im Gebäude wohnen und wie sparsam diese zum EnergieausweisBeispiel heizen. Auch die Lage der Wohneinheit innerhalb des Hauses beeinflusse diesen Wert. Beides werde im bedarfsorientierten Energieausweis nicht berücksichtigt. Außerdem sei die Bezugsgröße für den Energiekennwert nicht identisch mit der Wohnfläche. Insgesamt äußert sich Haus & Grund kritisch zur Systematik beim Erstellen des Energieausweises: So sei bereits das Ermitteln der korrekten Gebäudenutzfläche problematisch. Bei ein- und demselben Haus werde der Energiebedarf oder –verbrauch von den Energieberatern mal auf kleine, mal auf große Flächen bezogen, moniert Haus & Grund-Hauptgeschäftsführer Kai Warnecke.

Damit reiche es nicht aus, die Probleme mit einer besseren Qualifizierung der Energieberater zu beheben, urteilt er. Der Verband fordert daher eine Verbesserung der individuellen Energieberatung. Dies sei zielführender als der zwingende Ausweis des Energiekennwerts in Immobilienanzeigen: „Der Energiekennwert gibt keinen Hinweis darauf, ob ein Mieter mit hohen oder niedrigen Heizkosten zu rechnen hat. Er hat in Anzeigen nichts zu suchen“, fordert Warnecke.

 

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