Bausparverträge – Neues Urteil zu Kündigungen

4. April 2016

 

Es war ein älterer, noch attraktiv verzinster Bausparvertrag, den die Bausparkasse einseitig kündigte. Der Bausparer wehrte sich und bekam vom Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart Recht. Das Urteil ist eine gute Nachricht für viele Bausparer, die sich über ihre Bausparkasse ärgern.

Die Kundin hatte ein Guthaben von 15.000 Euro, das mit drei Prozent pro Jahr verzinst wurde. Eine vergleichbar sichere Anlage zu diesem Zinssatz dürfte in der gegenwärtigen extremen Niedrigzinsphase nirgendwo zu finden sein. Den Bausparkassen sind solch hoch verzinste Verträge ein Dorn im Auge, weshalb es im vergangenen Jahr rund 200.000 Kündigungen gab. Vor dem Hintergrund der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist mit weiteren Kündigungen ist zu rechnen.

In den Achtziger- und Neunzigerjahren hatten die Bausparkassen Kunden mit Guthabenzinsen von bis zu fünf Prozent gelockt. Das veranlasste seinerzeit viele Sparer, einen Bausparvertrag abzuschließen. Im derzeitigen Zinsumfeld erweist sich ein damals abgeschlossener Vertrag geradezu als Super-Investment. Parallel dazu wurde das mit dem Vertrag erworbene Recht auf ein Bauspardarlehen zu einem festen Zinssatz in den vergangenen Jahren immer unattraktiver. Denn in der aktuellen Niedrigzinsphase sind „normale“ Baukredite der Banken oft günstiger. Für die Bausparkassen werden die hohen Guthabenzinsen zunehmend zu einer finanziellen Belastung.  Das erklärt, warum sie versuchen, so viele wie möglich zu kündigen.

 

Was Verbraucher tun können, wenn die Bausparkasse kündigt

Das Urteil des OLG Stuttgart bezieht sich nur auf eine, ziemlich spezielle Konstellation. Deshalb gibt es nach Einschätzung von Verbraucherschützern keinen pauschalen Ratschlag. Ob eine Kündigung zulässig ist oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab, beispielsweise davon, ob und wie lange der Bausparvertrag schon zuteilungsreif ist oder ob die Bausparsumme bereits vollständig angespart wurde.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat für betroffene Bausparer eine eigene Broschüre erstellt, die für fünf Euro als PDF-Datei heruntergeladen werden kann (Link: http://www.vzhh.de/action/buy.aspx?f=405478). Darin werden alle sieben denkbaren Fallkonstellationen dargestellt und das empfohlene weitere Vorgehen beschrieben. Darüber hinaus finden sich dort weitere Ratschläge, wie Bausparer verhindern können, dass eine künftige Kündigung zulässig ist.

In manchen Fällen ist es sinnvoll, der Kündigung schriftlich zu widersprechen. Dafür finden sich Musterbriefe in der Broschüre der Verbraucherzentrale. In anderen Fällen kommt es auf die allgemeinen Bausparbedingungen der jeweiligen Bausparkasse und die Formulierungen im Kündigungsschreiben an. Betroffene können sie von den Fachleuten der Verbraucherzentralen überprüfen lassen. Diese sind in der Regel kostenpflichtig.

Zahlt die Bausparkasse parallel zur Kündigung das Guthaben sofort aus, dürfen Betroffene, die der Meinung sind, dass zu Unrecht gekündigt wurde, das Geld keinesfalls ausgeben. Sonst verwirken sie mögliche Ansprüche gegen die Bausparkasse.

 

Die Sicht der Bausparkassen

Nach Meinung der Bausparkassen findet durch den Verzicht auf das Darlehen eine Zweckentfremdung des Bausparvertrags zur reinen Kapitalanlage statt. Gemäß Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dürfen Darlehensnehmer zehn Jahre nach vollständigem Empfang einer Leistung kündigen. In der Sparphase sehen sich die Bausparkassen als Darlehensnehmer, weil sie Geld der Sparer erhalten, um es später mit Zinsen zurückzuzahlen. Verbraucherschützer hegen Zweifel an dieser Begründung.

In der Vergangenheit hatten Oberlandesgerichte in Koblenz, Celle, Hamm und München den Bausparkassen rechtgegeben. Wüstenrot will eine Revision gegen das Urteil vor dem Bundesgerichtshof (BGH) prüfen.

 

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