Elternunterhalt – was kommt auf die Kinder zu?

Pflege im Alter
19. April 2016

 

Ein Pflegefall ist eine große Belastungsprobe für Familien – sowohl emotional als auch wegen der damit verbundenen Kosten. Idealerweise hat der Pflegebedürftige beizeiten hierfür vorgesorgt, hat ausreichend Vermögen und eine Pflegeversicherung, die diese Kosten weitgehend abdeckt. Doch was passiert, wenn dies nicht zutrifft und ein Elternteil nicht über die ausreichenden Mittel verfügt? Dann springt zunächst das Sozialamt ein, damit die adäquate Unterbringung und Versorgung erst einmal sichergestellt ist. Die Kosten können je nach Grad der Pflegebedüftigkeit schnell bei 3.000 Euro und mehr liegen – viel mehr, als die zumeist niedrige Rente und die Pflegeversicherung hergeben. Dann ist die Familie gefordert, von der sich das Sozialamt die Kosten je nach Einkommen zumindest anteilig zurückholt. In welcher Höhe die Kinder an diesen Kosten beteiligt werden, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Denn so selbstverständlich die Unterstützung für die betagten Eltern sein dürfte: Vielfach tritt der Pflegefall unverhofft ein und die Kinder sind nicht auf eine zusätzliche finanzielle Belastung vorbereitet.

 

Erst Vermögen aufbrauchen

Bevor das Sozialamt die Kinder in die Pflicht nimmt, muss zunächst das Vermögen des Pflegebedürftigen aufgezehrt werden. Lediglich ein bescheidenes Schonvermögen von 2.600 Euro wird dem Bedürftigen zugestanden. Ferner muss zunächst die Grundsicherung im Alter sowie – je nach Einzelfall – die Hilfe zur Pflege beantragt werden. Die Grundsicherung liegt bei 399 Euro für Alleinstehende, für den Ehepartner sind es 360 Euro. Hinzugerechnet werden außerdem Kosten für eine angemessene Unterkunft sowie Heizkosten, die Beiträge für die Krankenkasse und die Pflegeversicherung werden ebenfalls übernommen. Lediglich wenn die Kinder mehr als 100.000 Euro im Jahr verdienen, haben Eltern keinen Anspruch mehr auf diese Leistungen.

 

Wie wird der Elternunterhalt ermittelt?

Im Pflegefall tritt das Sozialamt zunächst an den Ehepartner heran, danach an die eigenen Kinder. Schwiegerkinder bleiben eigentlich außen vor, doch wenn sie zum Beispiel mehr verdienen als das eigene Kind, werden sie je nach Sachlage indirekt auch an den Kosten beteiligt. Bei mehreren Kindern werden die Kosten anteilig nach der Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Kindes – also des jeweiligen Einkommens – berechnet.

Die Höhe des so genannten Elternunterhalts richtet sich ähnlich wie beim Kindesunterhalt nach dem monatlichen Einkommen. Bei Arbeitnehmern dient hierfür der Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate als Grundlage. Selbständige müssen die durchschnittlichen Einkünfte der letzten drei bis fünf Jahre nachweisen. Von diesem Einkommen werden dann diverse Kosten abgezogen, etwa die Darlehensraten für die eigene Immobilie oder Fahrtkosten zur Arbeit. Liegen die Kosten für die Miete höher als 480 Euro, kann die Differenz zur höheren Miete ebenfalls vom Einkommen abgezogen werden. Das Sozialamt verlangt nämlich nicht, wegen der Eltern die aktuelle Wohnung aufzugeben. Sind alle berücksichtigungsfähigen Kosten abgezogen, muss der verbleibende Betrag bei mindestens 1.800 Euro bei Alleinstehenden und 3.240 Euro bei Familien liegen. Diesen Selbstbehalt berücksichtigt der Gesetzgeber, da auch das Kind seinen Unterhalt bestreiten muss. Die Hälfte der Differenz aus ermitteltem Einkommen und Selbstbehalt ist dann der Betrag, der an den Elternteil zu zahlen ist.

Wichtig: Es gilt der Grundsatz, dass die eigene Familie Vorrang hat. Wer etwa für ein Kind aus erster Ehe Unterhalt zahlt, muss diesen vorrangig leisten, der Elternunterhalt steht dann erst an zweiter Stelle.

 

Welche Beträge bleiben außen vor?

Das Sozialamt kann die leiblichen Kinder nicht uneingeschränkt in die Pflicht nehmen, denn es soll gewährleistet bleiben, dass sie nicht selbst auch in finanzielle Bedrängnis geraten oder nicht mehr ausreichend fürs Alter vorsorgen können. Daher gelten beispielsweise fünf Prozent des Bruttoeinkommens für jedes Lebensjahr ab der Volljährigkeit mit einer Verzinsung von vier Prozent als Rücklage für die eigene Altersvorsorge. Auch Rücklagen für Instandhaltungsmaßnamen an der eigenen Immobilie bleiben üblicherweise unangetastet, ebenso das Haus oder die Wohnung selbst. Auch Vermögen, das etwa für die Ausbildung der Kinder verwendet werden soll, kann das Sozialamt nicht einfordern. Wichtig: Haben die Kinder von den Eltern in den letzten zehn Jahren Vermögen via Schenkung erhalten, kann das Sozialamt diese unter bestimmten Umständen zurückfordern.

 

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