Marktbericht: Alternativen gefragt

Bulle und Bär, Marktbericht
26. Juni 2017

Die Aktienmärkte der Industriestaaten sind schon sehr gut gelaufen. Günstige Einstiegsgelegenheiten finden sich kaum.  Kluge Anleger erhöhen derweil Positionen in den Schwellenländern. Durch die Aufnahme chinesischer A-Aktien in den MSCI Emerging Markets Index erfährt die Anlageregion zusätzliche Attraktivität.

Value-Anleger haben es derzeit schwer. Sie kaufen Aktien von Substanzunternehmen, die an der Börse deutlich weniger wert sind, als es ihrer Bilanz entspricht. Gemäß ihrer Investmentphilosophie schätzt der breite Markt Value-Unternehmen nur vorübergehend falsch ein. Im Laufe der Zeit werde sich der Aktienkurs dem fairen Wert annähern. Doch signifikant unterbewerte Aktien sind nach der langen Aufwärtsbewegung rar. Der im M-DAX gelistete Brillenhersteller Fielmann etwa weist ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 30 auf, Zalando bringt es sogar auf 46. Im TEC-DAX findet sich eine ganze Reihe von Titeln, die noch weit höhere KGV’s aufweist. Das Biotechunternehmen Evotec zum Beispiel bringt es auf 74, der Maschinenbauer Aixtron sogar auf 191. Auch europäische Aktien und insbesondere US-Aktien sind nicht mehr billig. „Das Kurs-Buchwertverhältnis des S&P 500-Index liegt bei 3,1, das Kurs-Gewinnverhältnis bei 18,8 und die Dividendenrendite bei mickrigen zwei  Prozent. Inzwischen übertreffen die Kurse ihr Niveau von vor der Finanzkrise um 60 Prozent“, konstatiert Dieter Wermuth, Head of Macroeconomic Research bei Wermuth Asset Management.

Korrektur nicht in Sicht

Value-Investoren haben nun zwei Möglichkeiten: Sie können zum einen Gewinne mitnehmen und die Cashquote erhöhen. Sie verfügen dann über die Mittel, um in Abschwung-Phasen einzusteigen. Allerdings: Eine Korrektur zeichnet sich nicht ab. Der Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik erfolgt behutsam, sichere Anleihen sind auf längere Zeit keine Alternative. Auch sind die Gefahren für den Zusammenhalt der Eurozone nach den Wahlen in Frankreich deutlich geringer geworden.

Eine weitere Alternative bietet sich an: Die Märkte der Schwellenländer weisen im Vergleich zu den Industriestaaten Bewertungsabschläge von bis zu 40 Prozent auf. Nur zwei Beispiele: Das KGV des thailändischen Zementherstellers Siam Cement etwa beträgt 11,4, das des russischen Energiegiganten Gazprom sogar nur 3,4.  Die Bewertungen sind das jedoch nicht das einzige Argument für einen Einstieg. Die Wachstumsprognosen für die sich entwickelnden Staaten fallen wesentlich höher aus. Der Türkei beispielsweise werden in diesem 4,7 Prozent Wachstum zugetraut, das Bruttoinlandsprodukt der Philippinen kann 2017 sogar um rund sieben Prozent zulegen.

Internationale Investoren nur wenig engagiert

Vergangene Woche erfuhr das Anlageuniversum der Schwellenländer zusätzliche Attraktivität. Der US-Indexanbieter MSCI hat entschieden, im kommenden Jahr 222 Blue-Chip-Aktien, die an den Festlandbörsen in Shenzen und Shanghai notieren, in den MSCI Emerging Marktes Index aufzunehmen. Das Gewicht des Reichs der Mitte im wichtigsten Schwellenländer-Börsenbarometer steigt so zwar nur geringfügig von 28,6 auf 29,3 Prozent. In den kommenden Jahren will MSCI jedoch den Anteil der sogenannten A-Aktien sukzessive nach oben fahren. Exchange Traded Funds, die die Wertentwicklung des MSCI Emerging Markets Index physisch nachbilden, müssen sich dann entsprechend positionieren. Damit sollte eine solide Kursunterstützung einhergehen. Darüber hinaus dürfte die MSCI-Entscheidung die Regierung in Peking motivieren, Finanzreformen zu beschleunigen, was zusätzliche ausländische Investoren anlocken sollte. Obwohl der chinesische Aktienmarkt weltweit der zweitgrößte ist, halten ausländische Anleger bislang nur 1,5 Prozent aller chinesischen Aktien.

Ist dieser Artikel hilfreich?
Vote DownVote Up +1
Loading...