Rentensystem – Österreich taugt nicht ganz als Vorbild

Altersvorsorge
5. Oktober 2016

In der öffentlichen Diskussion in Deutschland wird mitunter die Übernahme des österreichischen Systems einer Erwerbstätigenversicherung gefordert. Michael Christl vom österreichischen Thinktank Agenda Austria stellt im Gespräch mit dem Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA) allerdings fest, dass Deutschland damit keine demografiefeste Rentenversicherung bekäme.

„Kurzfristig fände zwar eine Entlastung des Umlagesystems statt, weil die Anzahl der Beitragszahler auf einen Schlag vergrößert würde. Aber wenn später diese neuen Versichertengruppen ins Rentenalter eintreten, steigt die Belastung für das System“, wendet Michael Christl, der für Agenda Austria die Alterssicherungssysteme in Österreich analysiert, gegen diesen Vorschlag ein.

Zwar funktioniere das Grundprinzip an sich, dass alle von einer Erwerbstätigenversicherung erfasst werden, in Österreich ganz gut. Christl hegt jedoch Zweifel, ob sich dieses System so ohne weiteres auf Deutschland übertragen lasse. Dies sei allein schon deshalb schwierig, weil Deutschland von einem anderen System aus startet. Im Übrigen sei auch Österreich nicht ganz konsequent. „Für Beamte existiert noch ein eigenständiges Pensionssystem. Die Überführung der Beamten in die allgemeine Pensionsversicherung dauert noch ungefähr 20 Jahre. Sie findet viel zu langsam statt, weil sie politisch so recht nicht gewollt war.“

Anders als Deutschland habe Österreich keinen Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel. „Demografische Entwicklungen werden überhaupt nicht berücksichtigt. Das ist der größte Mangel an unserem System“, stellt Christl fest. „Mit der steigenden Lebenserwartung nimmt die Dauer des Pensionsbezugs zu. So wachsen die Auszahlungen an und werden immer weniger von den Beiträgen gedeckt. Derzeit erhalten die gegenwärtigen Pensionisten für einen eingezahlten Euro zwei ausgezahlt.“ Mit wachsenden Leistungen muss daher der staatliche Zuschuss zur Pensionsversicherung immer weiter steigen.

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