Marktbericht: Trump – Rally und Risiken

Bulle und Bär
3. Februar 2017

Der neue US-Präsident verunsichert Unternehmenschefs und Anleger. Ob er alle seine Pläne umsetzen kann, ist aber fraglich. Mutige Investoren können daher Rücksetzer an Börse zum Neueinstieg nutzen.

Wer ist für die Kursrally an der Wall Street verantwortlich? Donald Trump lässt keine Zweifel aufkommen: „ICH.“ Die Investoren reagierten euphorisch auf seine radikalen Steuersenkungspläne und die versprochenen milliardenschweren Infrastrukturprogramme. Davon ist jedenfalls der neue Mann im Weißen Haus überzeugt.
„Wir haben einen Rekord markiert, ich fühle mich geehrt“, twitterte Trump, als vergangene Woche der Dow Jones in seiner 120-jährigen Geschichte erstmals die Marke von 20.000 Punkten übersprang. Die guten Vorgaben schoben auch den DAX auf den neuen Jahreshöchststand von 11.804 Punkten.

Nervöse Reaktionen
Seit dem 25. Januar hat Trump jedoch Entscheidungen getroffen und Statements abgegeben, die nicht nur an den Handelsplätzen in New York und Frankfurt, sondern auch in Tokio, in Peking und in den Schwellenländern für erhebliche Irritationen sorgen. Freitagmittag Vormittag notierte der deutsche Leitindex bei nur noch 11.663 Zählern.

In seinem bislang auf Konfrontation angelegten Regierungsstil sehen Marktteilnehmer erhebliche Risiken für bestimmte Sektoren. Die Angst vor kräftigen Korrekturen wächst aber auch, weil der US-Präsident zunehmend als politisches Risiko eingestuft wird.
Am Montag gingen die Kurse global auf Talfahrt, nachdem Trump per Dekret am Wochenende einen Einreisestopp gegen Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Staaten verhängt hatte.
Betroffen sind unter anderem Mitarbeiter von US-Technologie-Unternehmen. Bei manchen Firmen denkt man deshalb über eine Klage gegen den Präsidentenerlass nach. Google oder Facebook etwa beschäftigen junge Talente aus allen Teilen der Welt – hier fürchtet man eine weitere Verschärfung der Einreisebestimmungen.

Und schließlich: Wenn Trump twittert, bewegt das die Märkte. Schweres Geschütz fuhr der US-Präsident etwa gegen die Pharmaindustrie auf. „Sie kommen ungestraft mit Mord davon“, kritisierte er deren Preispolitik und versprach US-Bürgern, sie würden schon bald Medikamente günstiger kaufen können. Die Kurse der Pharmaunternehmen gingen zunächst nach unten. Nachdem Trump sich aber mit den CEOs der Branche traf und beschleunigte Zulassungsverfahren in Aussicht stellte, erholten sich die Titel wieder.

Deutschland im Visier
Mit wachsender Sorge verfolgten Anleger zudem die heftigen Attacken Trumps und seiner Administration gegen Japan, China und Deutschland. Allen drei Staaten wirft das neue Washington Währungsmanipulation zu Lasten der US-Industrie vor. Der Ton ist harsch. Deutschland nutze einen eklatant unterbewerteten Euro, um die USA auszuplündern, kritisierte der von Trump zum Chef des Nationalen Handelsrates berufene Peter Navarro in einem Interview. Nicht auszuschließen, dass Trump Taten folgen lässt und auf Importe aus Deutschland höhere Abgaben erhebt. Das würde die Gewinnaussichten vieler Unternehmen hierzulande trüben. Zuvor schon hatte Trump deutschen Herstellern Strafzölle in Höhe von 35 Prozent für die von ihnen in Mexiko hergestellten Autos angedroht. Die BMW-Aktie etwa gab im Lauf der Woche vier Prozent ab.

Nicht alle Anlagen leiden
Der russische Leitindex RTX hat seit Trumps Wahlsieg am 8. November 2016 um 15 Prozent zugelegt. Die Investoren setzen nicht nur auf einen steigenden Ölpreis, sondern auch auf ein gutes Verhältnis zwischen Putin und Trump. Entsprechende ETFs oder aktiv gemanagte Russland-Fonds sollten von einer solchen Entwicklung profitieren.
Grundsätzlich können Rücksetzer an den Börsen auch eine Chance zum Neueinstieg bedeuten – möglicherweise eröffnet der eine oder andere Trump-Tweet damit eine günstige Anlagechance.
Es gibt sogar einzelne Unternehmen, denen Trumps Politik nutzen könnte: Bei HeidelbergCement rechnet sich man Chancen aus, am Bau einer Mauer an Mexikos Grenze zu verdienen. Die Bank HSBC hat das Kursziel für die Aktie stark angehoben. Ob man davon profitieren möchte, ist eine persönliche Gewissensfrage.
In unsicheren Zeiten wächst die Nachfrage nach Gold – ebenso bei steigenden Inflationsraten. In Deutschland stieg die Teuerungsrate zuletzt auf 1,9 Prozent – daran trifft Trump allerdings keine Schuld.
Die USA sind in die globale Wirtschaft verflochten. Und auch die USA hängen von Exporten ab. Das wissen die amerikanischen Unternehmer. Sie werden sicher massiv Einfluss nehmen. Es gibt also die Chance, dass sich die Lage in einer gewissen Frist wieder etwas normalisiert.

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