Marktbericht: Keine Talfahrt, aber ein Warnschuss

Bulle und Bär, Marktbericht
19. Juni 2017

Der Korrektur der Techwerte wird kein allgemeiner Crash folgen. Die Zeiten geringer Schwankungen dürften jedoch zu Ende gehen.

Ist das der Anfang vom Ende des Bullenmarkts oder nur die überfällige Korrektur einer zu heiß gelaufenen Branche? Mit Technologiewerten  haben Anleger in den vergangen drei Jahren sehr gut verdient. Der iShares U.S. Technology –  der Exchange Traded Fund bildet die Wertentwicklung der wichtigsten Unternehmen des Sektors ab – legte pro Jahr über 21 Prozent zu. In diesem Jahr schienen noch höhere Zuwächse drin. Bis Mitte Juni hatte das Indexpapier schon 22 Prozent zugelegt. Doch dann veröffentliche Goldman Sachs eine Studie, in der die Investmentbank angesichts der hohen Bewertungen und gleichzeitig extrem geringen Schwankungen die Anleger vor zu großer Sorglosigkeit warnte. Die Anleger reagierten prompt und nahmen auf breiter Front Gewinne mit. Die Rally der Techwerte wecke Erinnerungen an die Alpträume der New-Economy–Bubble, hatte Analyst Robert Boroujerdi geschrieben. Die Blase begann im Jahr 2000 spektakulär zu platzen. Nicht nur der Technologieindex Nasdaq, sondern auch der US-Gesamtmarkt brach ein. Die Börsen in den übrigen Industriestaaten konnten sich dem Crash nicht entziehen. Der deutsche DAX rutsche von über 8000 auf unter 3000 Punkte. Erst dann ging es wieder bergauf.

Künstliche Intelligenz

Wiederholt sich nun die Geschichte? Zwischen damals und heute gibt es Unterschiede. Die Unternehmen erzielen aktuell deutlich höhere Gewinne als seinerzeit und nicht wenige verfügen über hohe Cashreserven. Nicht zuletzt eröffnet sich ihnen eine neue Wachstumschance: Artificial Intellligence – künstliche Intelligenz. Man versteht darunter das automatisierte Sammeln, Aufbewahren, Analysieren und Managen von Daten durch Computer oder Computersoftware. „Bislang waren Computersoftwares nur in der Lage, eingegebene Informationen abzurufen. Nun aber sind sie in der Lage, logisch zu denken und Probleme zu lösen, für die es bislang menschlicher Intelligenz bedurfte“, weiß Uwe Neumann von Credit Suisse. Mit den erweiterten Anwendungsmöglichkeiten könne das Marktvolumen künstlicher Intelligenz von bislang 400 Mio. Dollar bis zum Jahr 2020 auf vier, bis 2025 auf 40 Mrd. US-Dollar ansteigen. Zu den führenden Anbietern von Artificial Intelligence zählen Alphabet, Amazon, Microsoft und Nvidia.

Reform einer Reform

Dass den Aktienmärkten   – vorerst jedenfalls – keine neue Krise droht, dafür spricht auch die Tatsache, dass  Anleger ihre aus dem Techsektor abgezogenen Mittel in andere Branchen stecken. In Banken etwa. Nach Ansicht der Investoren sollten Finanzwerte von Zinserhöhungen profitieren. Vergangene Woche drehte die Fed zum dritten Mal innerhalb eines halben Jahres an der Zinsschraube, der Leitzins steht jetzt bei 1,25 Prozent. Die Entscheidung begründet Notenbankchefin Janet Yellen unter anderem mit der verbesserten Lage am Arbeitsmarkt. Doch eine sichere Wette sind US-Finanzwerte nicht. Zwar steigen  mit dem Ende der lockeren Geldpolitik die Zinseinnahmen. Doch dürften die höheren Konditionen Verbraucher davon abhalten, vermehrt Kredite nachzufragen. US-Banken, dazu zählt auch Goldman Sachs, hoffen nun auf die von US-Präsident Donald Trump angekündigte Revision des als Reaktion auf die Finanzkrise geschaffenen sogenannten Dodd-Frank-Gesetzes. Um den Steuerzahler vor riskanten Geschäften der Institute zu schätzen, fordert es von den Banken höhere Eigenkapitalquoten. Die geplante Deregulierung hat Vor- aber auch Nachteile: Einerseits könnten die Banken wieder freier agieren und ihre Gewinne erhöhen. Kritiker aber warnen: Ihrer Meinung wird so einer neuen Finanzkrise der Boden bereitet. Wiederholt sich Geschichte doch? Das lässt nicht prognostizieren, viel spricht jedoch dafür, dass in den kommenden Monaten die Schwankungen deutlich zunehmen werden. Die Korrektur der Techwerte und die US-Notenbank mahnen Anleger, möglichen Abwärtsrisiken wieder mehr Beachtung zu schenken.

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