Marktbericht – Nach der Krise ist vor der Krise

Bulle und Bär, Marktbericht
8. Mai 2017

Die Wirtschaft in der Eurozone nimmt Fahrt auf. Doch die Jugendarbeitslosigkeit ist in vielen Ländern weiterhin hoch.  Populistische Strömungen gewinnen daher an Zulauf. Ein Ende der politischen Risiken an den Märkten ist daher nicht in Sicht.

Im Sommer 2007 platze in den USA die Immobilienblase. Die Folgen waren fatal. Banken und Investmentgesellschaften, die direkt oder indirekt über die Verbriefung von Krediten auf dem Immobiliensektor aktiv waren beziehungsweise mit den von den Ratinggesellschaften als sicher eingestuften Kreditderivaten spekuliert hatten, mussten Insolvenz anmelden oder von der US-Regierung gerettet werden. Nicht nur im Bankensektor kam es zu Verwerfungen. Auch andere Branchen gerieten in Folge einer immer knapper werdenden Liquidität in den Abwärtssog. Ebenso wenig ließen sich die negativen Konsequenzen auf die US-Ökonomie begrenzen. Das Subprime-Debakel löste eine globale Finanzkrise und setzte die Eurozone ihrer bis dahin schwersten Belastungsprobe aus.

Eurozone legt 2017 um zwei Prozent zu

Zehn Jahre später mehren sich die Zeichen das zumindest aus ökonomischer Sicht, das Schlimmste vorbei ist. Im ersten Quartal 2017 legte das Bruttoinlandsprodukt der 19 Eurostaaten zusammen schon mal um 0,5 Prozent zu. In den kommenden Quartalen sollte sich das Wachstum weiter beschleunigen. Nicht zuletzt ist der viel beachtete Einkaufsmanagerindex auf den höchsten Wert seit sechs Jahren gestiegen. Auf das Gesamtjahr hochgerechnet können die Länder der Gemeinschaftswährung mit einem Zuwachs der Wirtschaftsleistung von im Schnitt zwei Prozent rechnen. Zu den konjunkturstärksten Ländern zählt  dank konsequent markt liberaler Reformen Spanien. Dem Land, das sich zeitweise unter den Euro–Rettungsschirm begeben musste, wird ein Plus von 2,7 Prozent zugetraut.

Auslöser für den Aufschwung sind unter anderem der weiterhin günstige Ölpreis und ein relativ schwacher Euro. Dass das globale Finanzsystem und die Eurozone den enormen Belastungen standgehalten haben, ist vor allem aber der Europäischen Zentralbank und ihrer ultralockeren Geldpolitik sowie den an Bedingungen geknüpften Finanzhilfen seitens des Internationalen Währungsfonds und der EU-Kommission zu verdanken.

Die Anleger haben vom anscheinend erfolgreichen Krisenmanagement extrem profitiert. Seit März 2009 legte der DAX 297 Prozent zu. In der vergangenen Woche erreichte Deutschlands Leitindex mit 12648 Punkten ein neues Allzeithoch.

Allerdings haben die Stabilisierungsbemühungen der Notenbanken und die Reformauflagen der Kreditgeber nicht alle Probleme in der Eurozone gelöst, sie haben auch neue geschaffen.

Diese energisch und ebenso kompetent anzugehen, ist jedoch Aufgabe der Politik. Misslingt der notwendige Kraftakt, drohen die Märkte erneut in schwere Turbulenzen zu geraten.

EU-Skepsis unter Jugendlichen weit verbreitet

Priorität hat der Abbau der Jugendarbeitslosigkeit. In Griechenland etwa sind 48 Prozent aller 15 bis 24 Jährigen auf der Suche nach einem Job. In Spanien beträgt die Jugendarbeitslosigkeit 40 Prozent, in Italien 34, in Frankreich 24 Prozent, der EU-Durchschnitt liegt bei 17 Prozent. Dass die große Mehrheit der Jugendlichen wenig optimistisch in die Zukunft blickt und, wie es die jüngste Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab, nicht erwartet,  das Wohlstandsniveau der Eltern zu übertreffen, überrascht nicht. Die unsicheren Zukunftsaussichten wiederum wecken Zweifel am politischen System und der EU. Laut YouGov sind nur noch 52 der jungen Europäer davon überzeugt, dass Demokratie die beste Staatsform ist. Am wenigsten überzeugt die Demokratie junge Menschen in Frankreich (42 Prozent), Italien (45 Prozent) und Polen (42 Prozent). In den Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit gewinnen populistische Strömungen und Parteien deutlich an Zulauf. Diese sehen Globalisierung nicht als Chance, sondern als Bedrohung. Zudem machen sich Parteien wie Frankreichs Front National oder Italiens Fünf-Sterne-Bewegung für einen Austritt ihrer Länder aus der EU stark. Die Brüssel feindliche Rhetorik kommt an. Jeder fünfte junge Europäer will inzwischen von der Gemeinschaft nichts mehr wissen.

Sollte es der EU und den etablierten Parteien nicht gelingen, die ökonomischen Perspektiven der jungen Menschen zu verbessern, wird die EU-Skepsis weiter zunehmen. Die alleinige Vermittlung der EU als Wertegemeinschaft reicht jedenfalls nicht aus, um die bereits hohen politischen Risiken an den Märkten zu mindern.

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